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Vereinigung Berntreuer Laufentaler VBL

Die Vereinigung Berntreuer Laufentaler VBL ist eine antiseparatistische Organisation, die sich ab 1989 gegen den Kantonswechsel des Laufentals stellte, und die bis heute weiter besteht.

Die VBL wurde am 12. November 1989 gegründet – am Tag der aus probernischer Sicht verlorenen Volksabstimmung, die mit einem knappen Stimmenmehr den Übertritt des bernischen Amtsbezirks Laufen in den Kanton Basel-Landschaft besiegelte. Nach dieser Niederlage an der Urne formierten sich die berntreuen Kräfte im Laufental neu. Ihre grösste Organisation, die Aktion Bernisches Laufental ABL, und andere Komitees lösten sich auf. Die weiterhin aktiven Proberner sammelten sich vor allem in der VBL (später auch in der Jugendorganisation Wildschweine), die nun zur grössten aktiven Gruppe auf berntreuer Seite wurde. Hans Herter stand der VBL als erster Präsident vor. Das Organ der VBL hiess Mitteilungsblatt der VBL und erschien ab Januar 1990. Bereits im März 1990 zählte die VBL nach eigenen Angaben 1800 Mitglieder.

Trotz verlorener Abstimmung hielt die VBL die Frage der Kantonszugehörigkeit des Laufentals für noch nicht abgeschlossen. Sie wies in der ersten Ausgabe des Mitteilungsblatts insbesondere auf das dünne Mehr bei der Abstimmung vom 12. November 1989 hin und wollte geltend machen, dass dies als Basis für einen Kantonswechsel ungenügend sei. Einige Mitglieder reichten ausserdem eine Abstimmungsbeschwerde ein.

Bei den Grossratswahlen vom 27./28. April 1990 trat die VBL als Partei mit drei Kandidaten an: Hanspeter Gygax-Immoos aus Duggingen, Thomas Hügli aus Brislach und Fabian Steiner aus Laufen. Thomas Hügli gewann einen Sitz im Berner Grossen Rat, den er bis 1993 hielt.
Bei den Bezirksratswahlen von 1990 stellte die VBL drei Mitglieder: Dr. Benno Lütold aus Zwingen, Raimund Steiner aus Liesberg und Ernst Gerber aus Roggenburg. Bei der Statthalterwahl 1990 wurde der von der VBL unterstützte Peter Bossart gewählt.

Um den Kantonswechsel zu vollziehen, stimmte der Kanton Basel-Landschaft am 22. September 1991 über die Anpassungen des Laufentalvertrags ab. Die VBL engagierte sich im Abstimmungskampf des angrenzenden Kantons, wie auch die Probaselbieter Seite. Die VBL mahnte, dass die Aufnahme des Laufentals die Baselbieter Bürger teuer zu stehen kommen könnte und verglich den Kantonswechsel mit dem Anschluss Ostdeutschlands an die BRD.

Auch vor der eidgenössischen Abstimmung vom September 1993 – der letzten nötigen Abstimmung vor dem effektiven Kantonswechsel am 1. Januar 1994 – beteiligte sich die VBL u.a. mit Zeitungsartikeln und einer Flugblattserie mit Tell-Motiv an der Nein-Kampagne. Sie war der Meinung, dass die Baselbieter Regierung einige Versprechen von 1989 nicht eingehalten habe, und warnte sogar, dass ein Kantonswechsel bürgerkriegsähnliche Zustände in der Nordwestschweiz auslösen könnte.

Auch nach dem vollzogenen Kantonswechsel blieb die VBL aktiv. Sie sah ihre Aufgabe nun insbesondere in der akribischen Überwachung der Umsetzung des Laufentalvertrags. Von 1994-1999 sassen ausserdem zwei VBL-Mitglieder im Baselbieter Landrat (Urs Steiner und Hans Herter, beide FDP/VBL). Die politischen Aktivitäten und die Mitgliederzahl gingen jedoch mit den Jahren zurück. Die VBL löste sich aber nie auf und pflegte weiterhin das Vereinsleben mit jährlichen Ausflügen und anderen Treffen.

Als der Kanton Basel-Landschaft im Jahr 2012 im Zusammenhang eines Sparpakets u.a. über die Abschaffung der Amtsnotariate und die Zentralisierung der Bezirksschreibereien abstimmen liess, setzten sich die ca. 120 verbliebenen Mitglieder um Präsident Guido Karrer gegen die Vorlage ein. Sie empfahlen ein Nein und verwiesen auf den Laufentalervertrag von 1994, der Bezirksschreiberei, Amtsnotariat und Gericht ihrer Ansicht nach auch nach der 10-jährigen Übergangszeit garantiere. Die VBL bzw. zwei Personen aus dem Laufental fochten den Entscheid nach der Abstimmungsniederlage juristisch an, doch das Kantonsgericht trat auf die Beschwerde nicht ein bzw. wies sie ab. Die VBL stellte sich auch gegen den Plan des Kantons, das Laufener Amtshaus zu verkaufen.

Autor*in der ersten Version: Kiki Lutz, 19/12/2014

Letzte Änderung: 21/12/2014

Archivbestände

Staatsarchiv BL, PA 6198 Laufentaler Bewegung

Bibliografie

Aktuelle und ehemalige Mitglieder des Landrats des Kantons BL: http://www.baselland.ch/fileadmin/baselland/files/docs/parl-lk/lrmitgl_liste1832.pdf (Stand: 28.11.2014)
Basler Zeitung, 17. September 1993
Basler Zeitung, 26. Juni 2013, Online-Version (Stand: 28.11.2014)
Martin Brodbeck, «Vom Skandal zum guten Ende? Die Geschichte des Selbstbestimmungsverfahrens des Bezirks Laufen 1989 bis 1993», in Andreas Cueni (Hg.), Lehrblätz Laufental, Zürich 1993, S. 47-60
Daniel Gerny, «Das Heimweh der berntreuen Laufentaler», in NZZ, 8. Oktober 2013, Online-Version (Stand: 13. 11. 2013)
Claudio Hänggi, Die Laufentalfrage 1983-1993: die Verwendung scheinrational-emotionaler Propaganda zur Identitätsfindung eines regionalen Kollektivs, Historisches Seminar Universität Basel 1997, S. 6, 7,9
Amir Mustedanagic, «Die Berntreuen sind auferstanden», in TagesWoche, 14. Mai 2012, Online-Version (Stand: 06. 06. 2012)
Michael Nittnaus, «Neues Rechtsgutachten: Der Laufentalvertrag schützt einzig das Spital», in bz Basellandschaftliche Zeitung, 1. November 2012, Online-Version (Stand: 28.11.2014)
N.N., «Die problemlose Integration des Laufentals. Ende des Sonderstatus nach zehnjähriger Übergangszeit», in NZZ, 12. Dezember 2003, Online-Version (Stand: 28.11.2014)

Zitiervorschlag

Kiki Lutz, «Vereinigung Berntreuer Laufentaler VBL», Lexikon des Jura / Dictionnaire du Jura (DIJU), https://diju.ch/d/notices/detail/1003348-vereinigung-berntreuer-laufentaler-vbl, Stand: 26/04/2024.

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