Wie in der Verfassung von Republik und Kanton Jura festgelegt, setzt sich die jurassische Kantonsregierung aus 5 Mitgliedern zusammen (Art. 93), die für eine Amtsperiode von 4 Jahren gewählt werden (Art. 65 – ab 2011 für 5 Jahre). Die Regierungsmitglieder werden als Minister·innen bezeichnet. Die Wahlen erfolgen nach dem Majorzsystem in zwei Wahlgängen. Bei der Kantonsgründung hat die Verfassunggebende Versammlung einen Vorschlag der freisinnig-liberalen Fraktion abgelehnt, die Wahlen nach dem Proporzsystem durchzuführen.
Die ersten Regierungsratswahlen waren noch stark von der Jurafrage geprägt. Die vier massgeblich an der Gründung des Kantons Jura beteiligten Parteien (Parti chrétien-social indépendant PCSI; Parti démocrate chrétien PDC = Christlichdemokratische Volkspartei CVP; Parti radical réformiste PRR; Parti socialiste PS = Sozialdemokraten SP) wollten sich die Leitungsfunktionen im neuen Staat möglichst ohne die antiseparatistisch eingestellte Parti libéral-radical PLR (=FDP) sichern. Nach der Wahl von François Lachat (CVP) im ersten Wahlgang, erreichte die Listenverbindung der Entente jurassienne die Wahl eines zweiten CVP-Mitglieds und je eines Mitglieds der PCSI, der SP und der PRR. Diese «Koalition des 23. Juni» hielt jedoch nicht über die erste Legislaturperiode hinaus. Politische Streitigkeiten führten dazu, dass sich die SP 1982 allein der Wahl stellte, während CVP, PCSI und PRR weiterhin gemeinsam zum ersten Wahlgang antraten. An der Zusammensetzung der Regierung änderte dies jedoch bis 1986 nichts. Nach dem Rücktritt von Roger Jardin verschwand die PRR von der politischen Bühne des Kantons Jura und ihr Regierungssitz wurde von der FDP übernommen.
1993 kam es zu einer Neuverteilung der politischen Kräfte in der Regierung, als nach den Rücktritten von François Mertenat (SP) und Gaston Brahier (PLR) Nachfolgewahlen stattfanden. Die SP und die FDP wurden durch die Wahl der Aktivistin einer extremen Linkspartei, Odile Montavon (Combat socialiste, CS) und von Pierre Kohler (CVP), der gegen den Willen seiner Partei kandidierte, in die Opposition abgedrängt. Im folgenden Jahrzehnt behielt die CVP mit drei Sitzen die absolute Mehrheit in der Regierung. Die Sozialdemokraten und die Freisinnigen eroberten ihre Sitze 1994 auf Kosten der PCSI und der CS zurück.
2002 kam es zu einem neuen Kräfteverhältnis: Die CVP verlor die absolute Mehrheit, behielt aber zwei Regierungssitze; die SP gewann einen zweiten Sitz dazu und die PCSI kehrte in die Regierung zurück, während die FDP in die Opposition ging.
Bei den Wahlen von 2006 kam es zu einem Rechtsrutsch. Die CVP konnte ihre beiden Sitze wahren, die SP verlor einen an die FDP. Der Kandidat der FDP, Michel Probst, erhielt zudem die höchste Stimmenzahl. Die PCSI behielt ihren Sitz mit Minister Laurent Schaffter.
Letzterer musste nach den Wahlen vom November 2010 auf seinen Sitz verzichten, während der SP ein grosser Wahlsieg gelang. Angeführt von ihrer Ministerin Elisabeth Baume-Schneider, die in beiden Wahlgängen am meisten Stimmen auf sich vereinen konnte, holte sich die SP den zweiten Regierungssitz zurück. Die Legislaturperiode wurde ab 2011 auf fünf Jahre erhöht (2011-2015). Mit der Wahl von David Eray 2015 konnte die PCSI ihren 2010 verlorenen Sitz auf Kosten der SP wieder zurück erobern.
2019 wurde Charles Juillard in den Ständerat gewählt und musste seinen Sitz in der jurassischen Regierung räumen. Dieser ging bei der Ergänzungswahl von 2020 im zweiten Wahlgang an die SP mit Ministerin Rosalie Beuret Siess. Die CVP verlor damit ihre Position als stärkste Partei und zum ersten Mal waren in der jurassischen Regierung zwei Frauen vertreten.
S. a. Artikel Regierung des Kantons Jura (Statistik).
Minister·innen der Republik und Kanton Jura :
1979-1994 Jean-Pierre Beuret, PCSI
1979-1994 Pierre Boillat, CVP
1979-1986 Roger Jardin, PRR
1979-1994 François Lachat, CVP
1979-1993 François Mertenat, SP
1987-1993 Gaston Brahier, FDP
1993-2002 Pierre Kohler, CVP
1993-1994 Odile Montavon, CS (nicht wiedergewählt)
1994-2002 Anita Rion, FDP (nicht wiedergewählt)
1994-2006 Gérald Schaller, CVP
1995-2006 Claude Hêche, SP
1995-2006 Jean-François Roth, CVP
2002-2015 Elisabeth Baume-Schneider, SP
2002-2010 Laurent Schaffter, PCSI (nicht wiedergewählt)
2006-2015 Philippe Receveur, CVP
2006-2015 ; 2016-2020 Charles Juillard, PDC
2006-2015 Michel Probst, FDP
2011-2015 Michel Thentz, SP (nicht wiedergewählt)
2016- Nathalie Barthoulot, SP
2016- David Eray, PCSI
2016- Jacques Gerber, FDP
2016- Martial Courtet, CVP
2020- Rosalie Beuret Siess, SP
Autor*in der ersten Version: Pierre-Yves Donzé et réd., 16/02/2011
Übersetzung: Kiki Lutz, 16/04/2021
Bibliografie
www.jura.ch (9.12.2015)
Jean-Claude Rennwald, La transformation de la structure du pouvoir dans le canton du Jura, 1970-1991, Courrendlin, Editions CJE, 1994
Verfassung des Kantons Jura
Ernest Weibel, Institutions politiques romandes, Fribourg, Editions universitaires, 1990, S. 124-128
Verfassung des Kantons Jura
www.letemps.ch (24.3.21)
www.arcinfo.ch (30.3.21)
Artikel aktualisiert von Shia Manh Ly (30.3.2021)
Zitiervorschlag
Pierre-Yves Donzé et réd., «Regierung des Kantons Jura», Lexikon des Jura / Dictionnaire du Jura (DIJU), https://www.diju.ch/d/notices/detail/1730-regierung-des-kantons-jura, Stand: 12/12/2024.