Unter den Begriff «Wanduhrenfabrik Angenstein» fallen verschiedene Firmen, die in der Zeitspanne 1899-1927 im Fabrikgebäude oberhalb des Angensteiner Schlosses (Gemeinde Duggingen) untergebracht waren. Es handelte sich um die einzige bedeutende Produktionsstätte von Wanduhren in der Schweiz. Das 1882 errichtete markante Gebäude beherbergte zuvor eine Spritfabrik (bis 1890), einen Lumpenhändler und die Turicummetall-Gesellschaft Angenstein.
Anfänge und Erfolg
Die «Wanduhrenfabrik Angenstein AG» begann ihre Produktion von Wanduhren am 7. Februar 1899; Verwaltungsratspräsident war Otto von Arx aus Dornach. Zwei Jahre später musste diese Firma Konkurs anmelden. Die Nachfolgerin hiess «Wanduhren- und Holzwarenfabrik», bzw. «Fabrique des Pendules Angenstein». Besitzer war Consul Hässig aus Amsterdam, Ad. Ruetsch aus Laufen wurde Verwaltungsratspräsident und Direktor Jean Buchmann leitete den Betrieb. 1912 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft mit Namen «Schweizerische Wanduhrenfabrik und Holzindustriegesellschaft in Angenstein» umgewandelt.
1914 erhielt die W. anlässlich der Landesausstellung in Bern eine Auszeichnung mit Silbermedaille. In ihren besten Zeiten beschäftigte sie über 100 Arbeitskräfte und belieferte Uhrenhändler in der Schweiz, Ägypten, Dänemark, England, Frankreich, Holland, Norwegen und Schweden.
Boom während der Kriegsjahre
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde die Produktion aufgrund der Mobilmachung kurzzeitig eingestellt, aber schon 1915 wieder aufgenommen. Der Absatz boomte, da die ausländische Konkurrenz durch den Krieg vom Markt ferngehalten wurde. Neben Wanduhren mit Holzgehäusen stellte die W. auch Standuhren und Büro-Kleinmöbel her sowie zwischen 1914 und 1916 Zeitschalter – erfunden von Fritz Sauter (Gründer der heutigen Sauter AG, Basel), der hier die erste industrielle Produktionsstätte für seine Erfindung fand. Ab 1917 hiess die W. »Schweizerische Wanduhrenfabrik AG Angenstein».
Niedergang und Auflösung
Nach den Kriegsjahren erhielt das Kernprodukt der W. vor allem von der weltbekannten und günstiger hergestellten Schwarzwälder Wanduhr aus Deutschland starke Konkurrenz. Verschiedene wirtschaftspolitische Faktoren (Vorschriften des eidg. Volkswirtschaftsdepartements und Senkung der Einfuhrzölle für Stand- und Wanduhren 1921) und die Valuta-Krise machten der Firma zusätzlich zu schaffen. Die Generalversammlung beschloss eine bedingte Liquidation des Unternehmens und man versuchte, die Waren nach der Aufhebung des Vertrags mit dem Uhrmacherverband direkt an die Konsumenten abzusetzen. Ende 1922 wurde der Liquidationsbeschluss widerrufen und die W. setzte unter dem Namen «Schweizerische Grossuhrenfabrik Angenstein» mit nunmehr 50 Angestellten die Produktion fort. Doch die Firma kam erneut in Schwierigkeiten und nach einem Sanierungsversuch 1926 musste sie im Jahr darauf geschlossen werden. 'Das Gebäude übernahm die Kleinmöbelfabrik von J.A. Cattin; 1961 wurde es abgebrochen.
Autor*in der ersten Version: Kiki Lutz, 14/03/2012
Letzte Änderung: 12/04/2012
Archivbestände
SWA Schweizerisches Wirtschaftsarchiv Basel, Dokumentensammlung Schweizerische Grossuhrenfabrik "Angenstein" – Duggingen, Signatur: H + I Bh 17
Bibliografie
Christian Brückner, Aus eigener Kraft. Rückblick auf 100 Jahre Firmengeschichte der Fr. Sauter AG, Basel 2010, S. 25-27
René Gilliéron, «Die Wanduhrenfabrik Angenstein», in Jurablätter Heft 7, 39. Jg. 1977, S. 127-130
René Gilliéron, «Duggingen: Wanduhrenfabrik Angenstein», in Laufentaler Jahrbuch Nr. 11, 1996, S. 41-43
Neue Zürcher Zeitung, 3. Dezember 1922
Neue Zürcher Zeitung, 17. Februar 1926
Zitiervorschlag
Kiki Lutz, «Wanduhrenfabrik Angenstein», Lexikon des Jura / Dictionnaire du Jura (DIJU), https://www.diju.ch/d/notices/detail/1000279-wanduhrenfabrik-angenstein, Stand: 11/10/2024.